„Keine Macht für Niemand!“

Bayern. Nicht nur das Bundesland, sondern auch das dort ansässige (manchmal durchaus verschrobene) Völkchen wird im Rest der Republik ja immer gerne etwas belächelt. Und schaut man sich das prominente politische Personal an, das dieser Region entstammt, dann ist ein resigniertes Abwenden auch oft durchaus angebracht.

Trotzdem kommen aus Bayern noch echte Originale. Krachlederne Bartträger und fesche Maiden. Das Schöne an den Bayern ist, daß sie trotz moderner Einflüsse und Innovationen immer die Wurzeln im Blick behalten.

Und doch hat dieses Land auch einige kuriose Sonderlinge und Künstler hervorgebracht. Auch das unkonventionelle und revolutionäre liegt den Bayern im Blut: Karl Valentin und die Münchner Räterepublik, auch das ist Bayern.

Ein wahlbayrisches Original ist vor kurzem von uns gegangen. Mit 74 Jahren starb am Donnerstag Achim Bergmann, der Gründer und Geschäftsführer des Musik- und Buchverlags TRIKONT. Bergmann gründete TRIKONT in den 1960er Jahren mit dezidiert linker Ausrichtung. Texte aus der internationalen Linken, Befreiungsliteratur, das war das Programm am Anfang; erste Erfolge feierte der Verlag mit dem Commandante und mit Mao. Bald kam auch Musik mit ins Programm. Und gerade dort hat „das wahrscheinlich älteste Indielabel“ der Welt neben allerlei Obskuritäten auch Großartiges und Zeitloses zu bieten.

Klar, in den 70ern ging es nicht unter TON STEINE SCHERBEN und mehr oder weniger gelungenem Krautrock. Aber es gibt eben auch die Gesamtausgabe von Karl Valentin und die wunderbaren Sampler „Dead & Gone“, auf denen sich serbische Blaskapellen, das Sogenannte Linksradikale Blasorchester, Miranda Sex Garden, Nico und steirische Grabsängerinnen mit den schönsten Jenseitshymnen überbieten.

Neben Funny van Dannen und finnischem Tange lassen sich Perlen neuer Volksmusik finden, wie die bayrische Gruppe KOFELGSCHROA , die die Tragik des Alltags („Ein kleiner Junge spielt den Ball mit der Mutter, ein andrer Junge spielt den Ball mit sei Bruder, ein kleiner Junge spielt den Ball mit der Hauswand, weil er keinen zweiten fand…“) mit sommerlich leichten Melodien zu verbinden wissen oder Hymnen an den Kartoffelsalat schreiben. Auch die bayrische Seele selbst ist Teil des TRIKONT-Programms und wird u. a. mit Gedichten, Kurzgeschichten, Essays, Musik, Songs und Sketchen und O-Tönen dokumentiert.

Auf der letzten Frankfurter Buchmesse pöbelte Bergmann eifrig gegen einen Vortrag von Karlheinz Weißmann am Junge Freiheit-Stand und bekam doch tatsächlich prompt aufs Maul. Bergmann nahms sportlich. Kurze Zeit später konnte er noch das 50jährige Jubiläum seines Verlags feiern. Liebhaber unkonventioneller Musik werden ihn in guter Erinnerung behalten.

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